Florence Lazar. Was wärst du ohne mich
Florence Lazar, „Luttes“, aus: „Jeune militant“, Fotografie © Künstlerin
Jeune militant thematisiert die Auseinandersetzung eines Heranwachsenden mit der Geschichte seines Großvaters, dessen Biographie und der resultierenden gesellschafts-politischen Haltung. Anhand ausgewählter Bücher aus seiner persönlichen Bibliothek erzählt der alte Herr über sein Weltbild und sein Engagement in der sozialistischen Partei Frankreichs.
Der Portraitzyklus, der Jugendliche des Collége Aimé Césaire in Paris abbildet, entstand als Teil eines Kunst-am-Bau-Auftrags und markierte den Schlusspunkt eines fast zweijährigen Prozesses der Zusammenarbeit mit den Schüler*innen. Nahezu alle Beteiligten besitzen in der zweiten oder dritten Generation eine französische Staatsbürgerschaft. Vielfach ist die kulturelle und staatliche Vergangenheit der Vorfahren an Migrationsgeschichte(n) geknüpft und teilweise kolonialbedingt. Da das Wissen um historische Entwicklungen und kulturelle Bedingungen als rudimentär zu bezeichnen war, implizierte der Prozess der künstlerischen Arbeit einen Recherchebereich, der die Beteiligten in die Bibliothek der französischen Nationalversammlung führte. Dort wurden die Jugendlichen mit Literatur, Dokumenten und Artefakten an Migrationsgeschichte herangeführt. Am Ende des Prozesses wählten alle Teilnehmer*innen ein Objekt aus mit dem sie – von der Künstlerin inszeniert – fotografisch portraitiert wurden.
Sowohl die Fotografien als auch die Videoarbeit von Florence Lazar stellen formale sowie methodische Referenzen zur dokumentarischen Fotografie, aber ebenso der Portraitmalerei des 19. Jahrhunderts her. Die Künstlerin (geb. 1966) lebt und arbeitet in Paris. Sie ist Professorin an der Kunstakademie Valence-Grenoble und ist eine der international renommierten Künstlerinnen Frankreichs ihrer Generation.
Die Ausstellung reiht sich zusammen mit den Präsentationen Königsland. Matthias Körner, Alexander Janetzko sowie Hellen Nabukenya. Tuwaye – Let’s talk in eine Serie von Expositionen ein, die sich Fragen des (post)kolonialen Blicks, Strategien der Selbstermächtigung und Konzepten der Verschiedenheit widmet.
Die Ausstellung entsteht in Kooperation mit der Galerie nationale du Jeu de Paume, Paris (Museum für zeitgenössische Kunst).