Strukturen im Wandel Die Zukunft hat schon begonnen – Vom Leben in Industrielandschaften
Günther Friedrich, Der blaue Bagger, 1956, Öl auf Leinwand © Nachlass
Gerd Arntz, Kat Austen, Shlomit Bauman, Rudolf Bax, Joachim Brohm, Peggy Buth, Prunella Clough, Helmut Dirnaichner, Dieter Dressler, Günther Friedrich, Jakob Ganslmeier, Eberhard Göschel, Lea Grundig, Klara Hobza, Joachim Jansong, RP Kahl, Sven Kalden, Mikhail Karikis, Thomas Kläber, Henryk Krakowiak, Ewa Kuklińska, Gerda Lepke, Jürgen Matschie, Regina Maria Möller, Olaf Nicolai, Ludwig Rauch, Michał Smandek, W. Eugene Smith, Agata Szymanska-Medina, Fritz Tröger, Augustin Tschinkel, Joachim Völkner, Georgios Wlachopulos, Toni Wolter, Dieter Zimmermann u.a.
Die Gruppenausstellung widmet sich künstlerischen Reflektionen vom Leben in Industrielandschaften und ist eine Einladung, sich mit den eigenen Wahrnehmungen der durch die Industrialisierung Brandenburgs geprägten Landschaften und gesellschaftlichen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Zu sehen sind circa 140 Werke, davon etwa 50 Grafiken, 30 Gemälde, 50 Fotografien, vier Videos, ein Künstlerbuch und sieben Installationen bzw. Plastiken. Die Ausstellung bildet zusammen mit der parallel im Dieselkraftwerk laufenden Schau „Sven Gatter. Echo Tektur – Ruinen und Modelle“ den Cottbuser Teil der BLMK-Ausstellungsreihe zum Thema Strukturwandel.
Beginnend in den 1920er Jahren werden Malerei, Grafik, Fotografie und Installation gezeigt, die auf (Post-)Industrialisierungen im Spannungsfeld des Wandels von (ökonomisierten) Landschaften und Arbeit als identitätsstiftende Faktoren fokussieren. Ziel ist es, das strukturelle Kernthema, das die Geschichte Brandenburgs bestimmt, an zeitgleiche Entwicklungen andernorts anzubinden und in Zusammenhänge internationaler künstlerischer Entwicklungen bis in die Gegenwart zu stellen.
Werke aus der Sammlung des BLMK markieren die thematischen Leitlinien der Präsentation, jedoch fließen ebenfalls über Kunst hergestellte Bezüge zu Struktur-entwicklungen im Nachbarland Polen, dem Ruhrgebiet sowie in England ein. Diese Verknüpfungen zielen auch darauf ab, Bildkonzepte und Stile der durch die DDR geprägten Sammlungsexponate des BLMK aus ihrem politisch-systemischen Kontext herauszulösen und in Zusammenhänge internationalen künstlerischen Denkens und Handelns zu stellen. Der Bergbau als Sujet künstlerischer Auseinandersetzungen spielt hierbei zwar eine tragende Rolle, doch beschränken sich die Überlegungen nicht ausschließlich auf diesen Bereich der Schwerindustrie.
In drei Kapiteln strukturiert zeigt die Ausstellung internationale Kunst, die seit dem frühen 20sten Jahrhundert für unterschiedliche Facetten der Politisierung und der Bildwürdigkeit von Industrie steht. Bildrepräsentationen von Industrien, vor allem in Verbindung mit Landschaftsdarstellungen, fanden bereits Mitte des 18. Jahrhunderts Eingang in die Malerei, wurden jedoch primär als ästhetisches Phänomen verhandelt, das es in ein geradezu pittoresk anmutendes Ensemble aus Natur und Zivilisation zu integrieren galt. Politisch konnotierte Bildvorstellungen hingegen entwickelten sich verstärkt erst nach dem Ersten Weltkrieg. Hierbei lassen sich zwei unterschiedliche bildkonzeptuelle Ansätze ausmachen: Schematisierungs- und Abstraktionstendenzen, die wahlweise von der Maschinenästhetik oder der Natur ausgehen einerseits sowie sozialkritische Realismen andererseits.
Die Repräsentation des arbeitenden Menschen, die Verlusterfahrung von Arbeit sowie die gesellschaftliche Mobilisierung gegen jenen Wegfall tradierter sozialer Stabilität und das Vergessen markieren einen Schwerpunkt der Ausstellung. Ein weiterer Fokus liegt auf Bildern, die vom Gegensatz zwischen Natur und Zivilisation zeugen. Insbesondere in Malereien aus den Jahren 1950 – 1990 werden bergbaubedingte Eingriffe in landschaft-liche Räume thematisiert. Der Blick gilt hier vor allem dem motivischen Kontrast von Maschinen und Landschaften. Weiterhin legt die Ausstellung ein Augenmerk auf Transformationsprozesse von Landschaften und des Systems Arbeit sowie auf gesell-schaftliche Brüche, die durch das radikale Ende einer Industrialisierungsepoche einsetzen (müssen).
Der programmatisch zu verstehende Titel der Schau geht auf das gleichnamige, 2017 erschienene Buch des Schriftstellers und Aktivisten Dieter Liebig zurück, das sich Orten, die der Ausweitung von Braunkohlerevieren in der Lausitz weichen mussten, und deren Sozialstrukturen widmet. Im Sinne des Liebigschen Plädoyers strebt die Ausstellung an, künstlerische Formen, als eine Option Vergangenes zu bewahren und gleichzeitig Neues zu projektieren, in den Debattenraum einzubringen. Kunst als eine ästhetische Setzung bietet hierbei eine Möglichkeit, kulturelle und soziale (Erinnerungs-)räume zu schaffen und die Gegenwart als Moment der (Selbst-)ermächtigung mündiger Gesellschaften zu beschreiben.
Ein Teil der Werke aus „Strukturen im Wandel“ wird zudem als Jahresausstellung 2022 im Brandenburgischen Landtag in Potsdam zu sehen sein.
Förder- und Kooperationspartner
Eine Kooperation mit dem Leopold-Hoesch-Museum, Düren, und der BWA Galerie, Zielona Góra.