Michael Schultze Walter Benjamin reist nach Capri und verliebt sich
Michael Schultze, Berührung (Manet), 2024, Pigmentdruck auf Papier © Künstler
Die Serie von Holzschnitten unterschiedlicher Größe ist durch einen losen Erzählfaden miteinander verbunden. Dieser hangelt sich zunächst an der Reise entlang, die der Philosoph, Essayist und Kulturtheoretiker Walter Benjamin 1924 nach Capri unternahm. Auf jener Mittelmeerinsel begegnet er nicht nur dem damals neuen Star des linken deutschen Theaters, Berthold Brecht, sondern auch der lettisch-sowjetischen Theaterregisseurin Asja Lacis. Benjamin verliert sein Herz an die glühende Kommunistin Lacis. Wenig später reist er ihr ins postrevolutionäre Moskau nach, das er bald darauf, enttäuscht von Liebe und Politik, wieder verlässt. Die Begegnungen mit Lacis und Brecht markieren für Benjamin den Beginn einer äußerst fruchtbaren Auseinandersetzung mit dem Marxismus und seinem Versprechen eines Paradieses auf Erden. Benjamins Denken ist geprägt von der Auseinandersetzung mit dem jüdischen Erbe, der Tora und einem am deutschen Idealismus geschulten dialektischen Denken. Seine widersprüchlich aufgefächerten Textminiaturen zur aufkommenden Moderne sind Juwelen einer luziden Gesellschaftsanalyse.
Als der Holzschnitt im 14. Jahrhundert in Europa aufkam, leitete er eine Medienrevolution ein, die die damalige Welt revolutionieren sollte. Die Welt – genauer: ihr Bild – wurde reproduzierbar. Die Kommunikation durch Bilder katapultierte die mittelalterliche Welt in die Neuzeit. Von nun an war eine Teilhabe an der Welt durch das Bild und ein imaginatives Reisen mithilfe der vervielfältigten Blätter möglich, denn Zeugnis und Imaginäres fallen beim Holzschnitt in eins.
Die Präsentation von Michael Schultze ist Teil des Festivals lAbiRynT und wird als Einschub im Rahmen der Ausstellung Schattenspringer. Spielarten des Holzschnitts im 20. und 21. Jahrhundert präsentiert.