Der gesetzlose Irrenhausschuppen. Künstlerinnen und Künstler Brandenburger Kliniken in der Sammlung Prinzhorn
Heinrich Hermann Mebes, Die gesetzlos richtende Irrensünde, vor 1919, Gouache auf Papier © Sammlung Prinzhorn Heidelberg
Marie Anna Beer, Fall 411 (weiblich), Paul Flegel, Paul Goesch, Heinrich Hermann Mebes, Clemens von Oertzen
Die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg zählt zu den bedeutendsten Kollektionen mit Werken der Outsider Art weltweit. Ihr Kernbestand geht auf die Sammeltätigkeit des Kunsthistorikers und Psychiaters Hans Prinzhorn zurück. Im Jahr 1919 startete dieser eine Anfrage an psychiatrische Kliniken, Anstalten und Sanatorien im deutschsprachigen Raum, mit der Bitte, Kunstwerke, die von Patienten geschaffen wurden, an die Heidelberger Universitätsklinik zu senden. Innerhalb von zwei Jahren trafen dort über 5.000 Arbeiten ein. Prinzhorn sichtete und ordnete das Material und gab sein Buch „Bildnerei der Geisteskranken“ heraus. Diese Publikation nahm enormen Einfluss auf die Kunst im 20. Jahrhundert. Zahlreiche Künstler*innen, wie etwa Paul Klee, Adolf Hölzel und die Surrealisten in Paris ließen sich davon inspirieren.
Die Ausstellung zeigt Werke von Künstler*innen, die in Brandenburger Kliniken hospitalisiert waren. Die Landes-Irren-Anstalt in Eberswalde (heute: Martin-Gropius-Krankenhaus) hatte umfangreiches Material nach Heidelberg gesandt. Vor allem die Arbeiten des Uhrmachermeisters Heinrich Herrmann Mebes faszinieren durch ihre surreal anmutenden phantasievollen Bildfindungen. Aus der Nähe von Spremberg stammte Victor von Oertzen, der in der Klinik von Sorau (Zary) untergebracht war. Der Künstler beginnt erst in der Klinik zu zeichnen. Es entstehen expressive ausdruckstarke Bilder, in denen von Oertzen frei mit Linien, Formen und Farben umgeht.
100 Jahre nachdem die Werke aus den Brandenburger Kliniken (in den überwiegenden Fällen sicherlich ohne die Zustimmung ihrer Urheber) nach Heidelberg gesandt wurden, kehren sie nun wieder nach Brandenburg zurück. Die Ausstellung im BLMK dokumentiert das große kreative Potenzial, das in diesen Bildern steckt. Sie wurden unter besonderen Entstehungsbedingungen geschaffen und berühren noch heute durch ihre existenzielle Tiefe und Intensität.