Bernhard Heisig. Der Blick aus dem Fenster – Landschaften und andere Geschichten
Die Einzelausstellung mit Malerei von Bernhard Heisig stellt auf vielfältige Weise das Motiv des Fensters und den Blick als bildkonstituierende, sinnstiftende Momente ins Zentrum des Interesses. Als Metapher, die nicht nur auf eine funktionale Gliederung von Gebäuden hinweist, sind Fenster in der Kunstgeschichte bedeutungsaufgeladene Schwellenorte, die die Schnittstelle von Innen und Außen, von privatem und öffentlichem Raum markieren. Ein Fenster steht für die Trennung von Illusionen und Wirklichkeiten, verweist aber durch die Transparenz auch auf den Zusammenhang von Realitäten und Imaginationen. Gleichzeitig rahmen sie den individuellen (Ein-)Blick durch besagte Maueröffnungen.
In der Ausstellung finden sich Gemälde, in denen der künstlerische Blick auf geöffnete Fenster trifft, in denen wiederum in den Außenraum blickende Bildprotagonisten stehen. Der (private) Innenraum ist hierbei nicht sichtbar, er findet sich als imaginärer Raum hinter der Bildfläche. Andere Malereien hingegen zeigen Innenräume, in denen Ausblicke auf Stadt- oder Naturräume hinter Fenstern zu sehen sind. Der Blick nach Draußen ist hier als Bild im Bild angelegt, bei dem der Fensterrahmen zu einer Art Bilderrahmen wird.
Um jene Fensterbilder sind in der Ausstellung weitere Gemälde herumgruppiert, die nach thematischen Schwerpunkten organisiert sind. Auch wenn hier beizeiten das Fenster als explizites Motiv fehlt, so weisen die Malereien durch die Perspektive doch aus, dass sie einen Blick durch einem Fenster repräsentieren. Eine wesentliche Rolle spielen beim Blick von innen nach außen Landschaftsansichten, die Natur nicht als entropisches System zeigen, sondern den zivilisatorisch überformten Zustand – oft als gesellschaftspolitisch aufgeladenes Motiv – ins Visier nehmen.
In der Auswahl finden sich sowohl Blicke auf verschiedene Landschaften Brandenburgs als auch andernorts, ebenso wie Naturraumansichten, die mit Selbstporträts kombiniert sind. Ein weiterer Themenfokus ist die domestizierte Natur in Form von Blumenstillleben, in die Kulturalisierungsprozesse ebenso wie kunstgeschichtliche Modalitäten sozialer Repräsentation eingeschrieben sind. Faust als forschender, gleichwohl zweifelnder, beizeiten zaudernder Charakter, den – wie den Maler selbst auch – die Frage umtreibt, was die Welt im Innersten zusammenhält. Zauberlehrlinge, Puppenspieler und immer wieder das Selbstbildnis, das sich in diese Figurenbilder hineinschiebt, gehören ebenfalls zum festen Repertoire der Bildtopoi Heisigscher Gemälde, die der menschlichen Existenz und ihren Bedingungen nachspüren. Häufig fließen hierbei ikonografische und motivische Bezüge zu Literatur, Theater und Musik sowie der Geschichte der Malerei ein.
All diese Bildthemen und Sujetgruppen ziehen sich durch das gesamte Œuvre des Künstlers. Vielfach kehren bestimmte Motive wieder. Manchmal entwickelt Bernhard Heisig Bildkompositionen und Themenverschränkungen durch Kombinationen von kontinuierlich Wiederkehrendem. Ebenso häufig jedoch lassen sich Bildvarianten zu einem Thema entdecken. Kennzeichnend ist hierbei Bernhard Heisigs Beschäftigung mit der gesellschaftlichen und politischen Vergangenheit sowie der Kunstgeschichte. Durchgängig ist die intensive Auseinandersetzung mit historischen Ereignissen der deutschen Geschichte, insbesondere die Reflexion von Faschismus und Krieg.
Innerhalb der unterschiedlichen Themenblöcke werden auch die sukzessiven Wandlungen und Verschiebung des Malereiduktus im Heisigschen Spätwerk deutlich. Während die frühe Malerei durch ein strenges Abarbeiten am Akademismus geprägt ist, sind die späten Bilder von einem modernerem Bildverständnis gezeichnet.
„Der Blick aus dem Fenster. Landschaften und andere Geschichten“ führt Malereien aus der Sammlung des BLMK mit Gemälden aus verschiedenen Privatsammlungen zusammen.