
Gil Schlesinger. Der Aufstand der Zeichen – Malerei und Zeichnungen

Gil Schlesinger, o.T., 1981, Acryl auf Papier © VG Bild-Kunst, Bonn 2020/2021
Mit seiner „intuitiven Abstraktion“, – wie der Kunsthistoriker Lothar Lang Schlesingers Stil bezeichnete – die vielfach auf organisch wirkenden Formen und Zeichen basiert, ist Gil Schlesingers Œuvre bis heute für die Tradition der ungegenständlichen Malerei in Ostdeutschland und darüber hinaus eine wichtige Referenz. Seit seiner Ausreise aus der DDR im Jahr 1980 lebt und arbeitet Schlesinger in Oberpfaffenhofen bei München.
Seine Bilder sind durchzogen von Symbolen, Themen und kunsthistorischen wie literarischen Zitaten. Sie sind voller Geschichte und persönlichen Geschichten, die dem Sicht- und Spürbaren näher stehen als Theorie und Systematik abstrakter Kompositionen. Farbe und Formen dienen Schlesinger dazu das Reale mit markantem Duktus und schnellen Zeichnungen erst entstehen zu lassen und gleichermaßen zu kommentieren. Die somit entstehenden, poetischen Bildwelten verweisen auf ein Realismus-Verständnis, das gesellschaftliche und politische Wirklichkeiten in die Sphäre des Persönlichen einbezieht und als Subtext individueller Existenz positioniert.
Die Ausstellung spürt Wechselwirkungen und Verschiebungen der Formenzeichen und Zeichensysteme zwischen Malerei und Grafik, Leinwand und Papier sowie zwischen unterschiedlichen Farbigkeiten und Farbintensitäten nach. Den Kernpunkt der Präsentation markieren Handzeichnungen der Zeit zwischen 1960 und 1980, denn hier wird die Entwicklung und Verfestigung von Zeichensystemen und ikonographischen Verweisen im Werk Gil Schlesingers besonders deutlich. Während sich seine Malerei in dieser Zeit vielfach an Fragen der Figuration und deren möglichen Auflösung entlang bewegt, ist das zeichnerische Werk durch eine andere formale sowie inhaltliche Leichtigkeit und Spontanität gekennzeichnet. Hier sind geometrische, ebenso wie abstrakt-gestische Formen mit Symbolen europäischer sowie orientalischer Kultur- und Kunstgeschichten, aber auch verschiedener Religionen verwoben. Mehr Farbandeutungen denn eigentliche Farbigkeit intensivieren den Zusammenhang der Zeichen (oder lassen ihn bewusst in der Schwebe). In der Malerei vollzieht Gil Schlesinger diesen Schritt erst später, insbesondere dann, wenn die Malerei als feinere Maltechnik keine große Rolle mehr spielt, sondern die Rauheit der Leinwand ohne Grundierung analog zum Papier als Träger für Bildzeichen dient.