
Buchpräsentation & Lesung Die Macher der Tuche
Die Geschichte vom Aufblühen & Verschwinden des alten Handwerks aus Forst in der Lausitz verwoben mit dem Schicksal einer Tuchmacherfamilie der Stadt
Von Ina Brink
Das Weben eines Tuches zählt zu den ältesten Handwerkskünsten der Menschheitsgeschichte. Ohne ein solches Gewebe gäbe es keine Kleidung, die uns schützt und darüber hinaus Ausdruck des eigenen Selbstbildes sowie des gesellschaftlichen Status‘ ist. In der gegenwärtigen, vor allem westlich geprägten Konsumgesellschaft haben wir aufgrund des bis Mitte der 1990er Jahre fast vollständigen Verschwindens der Textilindustrie in unseren Regionen den Bezug zu den über alle Jahrtausende hinweg bis heute enorm aufwendigen und zeitintensiven Arbeitsprozessen der Tuch- und Stoffherstellung verloren. Stattdessen verbrauchen wir billige, vielfach qualitativ schlechte Fast Fashion Kleidung zum Wegwerfen und jagen einem vermeintlich notwendigen Modetrend hinterher – auf Kosten von Menschen, Tieren und Umwelt am anderen Ende der Welt.
Die uralte Tradition der Tuchmacherei erzählt die Autorin am Beispiel der Geschehnisse in Forst (Lausitz), ihrer Heimatstadt und einst berühmtes Deutsches Manchester. Dabei verwebt sie ihre Geschichte mit dem rund zweieinhalb Jahrhunderte langen Schicksal ihrer eigenen Tuchmacherfamilie, für die vor allem das 20. Jahrhundert eine Zeit stetiger Verluste und Neuanfänge darstellte: mit zwei Weltkriegen, Inflationen und Wirtschaftskrisen, den Schwierigkeiten als Privatunternehmer während der sozialistischen Ära DDR mit der 1972 erfolgten Verstaatlichung der Firma sowie des politischen Umbruchs ab 1989, wonach die Webstühle verstummten und das alte Handwerk abrupt aus der Stadt verschwand. Zurück blieben die backsteinroten Fabrikruinen mit ihren herrschaftlichen Villen, die von einer glorreichen Vergangenheit zeugen. Die Einbettung der Geschichte in die gesamtgesellschaftlichen, -politischen und -ökonomischen sowie -soziologischen Hintergründe Deutschlands vervollständigen ihr Werk zu einem Jahrhunderte langen Panorama der tuchmacherischen Entwicklung.
Mit ihrer Darstellung der Tuchmacherei-Geschichte möchte Ina Brink zum Nachdenken über die Kostbarkeit von Kleidung anregen, weshalb ihr Buch am Ende den Bogen gegen den grassierenden Trend der Fast Fashion hin zu einer Langsamen Mode als persönlichem LebensStil spannt, um das eigene Gewand wieder mit wertschätzenden Augen betrachten zu können.
Ein Ausflug in die Welt der Tuchmacherei als Hommage an ein unverzichtbares Handwerk und als Plädoyer für Nachhaltigkeit, Langlebigkeit & Zeitlosigkeit unserer kostbaren Zweiten Haut, der Kleidung.