
Wir sind (vorerst) zurück
Wiederöffnung des BLMK | Ulrike Kremeier Direktorin BLMK
Die Landesregierung Brandenburg hat als erstes Bundesland den Schritt vollzogen die Wiederöffnung von Museen zu erlauben. Diese Maßnahme ist insofern erquicklich als wir dies als Zeichen der Wertschätzung der Kunst sowie der Einstufung von Kunst als system- und gesellschaftsrelevante Alltagspraxis begreifen. Mit diesem in Kunst und ihre Institutionen gesetzten Vertrauen müssen (und wollen) wir nun verantwortungsvoll und produktiv umgehen.
Wie viele Kunstinstitutionen hat auch das BLMK in der Schließzeit den digitalen Raum mit seinem Programm „BLMK extended“ als erweiterten Präsentations- und Denkraum genutzt. Auch weiterhin wird jene Programmerweiterung eine Rolle spielen. Wesentlich ist hierbei, dass die digitalen Aktivitäten nie als Ersatz, sondern immer als Option neuer Formate und Stimulationen anzusehen sind.
Ein Museum ist ein Wissensspeicher, der Raum für Bildung und Kommunikation herstellt, jedoch ist es vor allem ein Ort des sinnlichen Erlebens von Kunst, der die Möglichkeit individueller sowie kollektiver Erfahrung bietet. Anders als im Theater oder im Kino, wo das Werk die Gesetzmäßigkeiten der Wahrnehmung festlegt, bestimmen Betrachter*innen im Museum die Rezeption selbst. Es ist ihrer Entscheidung überlassen, wie sie sich eine Ausstellung erschließen. Reihenfolge und Blickrichtung der Bildbetrachtung sind ebenso ihrer Lust und Laune überlassen wie die Geschwindigkeit des Betrachtens. Ob Rezipierende 20 Sekunden oder drei Stunden im Stehen, Gehen oder sitzend vor einem Kunstwerk verweilen oder es gar nicht betrachten, obliegt ihnen ebenso wie sie sich nach eigenen Kriterien im Ausstellungsraum bewegen. Kurzum, es ist auch der direkte, physische, selbstbestimmte Bezug zum Kunstwerk, der die Einzigartigkeit des Erlebens von Bildender Kunst ausmacht.
Über die Präsentation und Vermittlung unserer aktuellen Ausstellungen hinausgehend begreifen wir es als eine Museumsaufgabe, Kunst als ästhetische Praxis in den zivilgesellschaftlichen Alltag hineinzutragen. Indem wir aktuelle, sozialrelevante Themen in die Arbeit mit Kunst einbeziehen beziehungsweise diese über künstlerische Positionen und Formate in die öffentlichen Debatten tragen.
Kunst hat keine Handlungsanweisungen oder gar Lösungen für gesellschaftliche Fragen, bietet jedoch immer die Möglichkeit Denkansätze, Reflexionsmethoden und Perspektiven, aber auch Perspektivwechsel zu erproben.
Die momentane und andauernde Krisensituation wird zu nachhaltigen Veränderungen in unserer Gesellschaft führen. Im BLMK werden wir uns fortan – wie üblich mit und über Kunst – den Fragen nach den neuen Normen und langfristig zu etablierenden, neuen Normalitäten stellen.
Hierzu werden Basisfragen in den Museums- und Ausstellungsparcours eingebaut:
- Was war gestern normal, ist es heute und wird es morgen (vielleicht) sein?
- Wie fühlt sich 1,50 m an?
- Verändert sich unsere Wahrnehmung von Mensch und Kunst durch die Verinnerlichung eines größeren physischen Abstandes zueinander?
- Verabschieden wir uns vom Händeschütteln?
- Erfinden wir neue, körperkontaktfreie Begrüßungs-/Verabschiedungsrituale, die eine ähnliche Verbindlichkeit vermitteln wie der Händedruck?
- Führen Home Office und weniger öffentliche Repräsentation zu einer neuen Bildästhetik, einem veränderten in Alltag, Medien und Kunst?
- Verändert sich das Verhältnis von privatem und öffentlichem Raum?
Ab 1. Mai erwarten Sie in allen Ausstellungen des BLMK erweiterte Vermittlungsmaterialien, aber auch experimentelle Formate, die das spielerische Einüben der neuen Regelungen zu Nähe und Distanzhaltung befördern.
Bis Ende Juni wird es keine regulären Führungen und Ausstellungseröffnungen geben. Die aktuellen, veränderten Laufzeiten der Ausstellungen sind auf der Website blmk.de unter den Programmankündigungen einsehbar.
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